Wie Emmanuel Macron international Angela Merkel den Rang abläuft
- Während Angela Merkel um eine stabile Regierung ringt, ist der französische Präsident Emmanuel Macron dabei, seine Position auf der internationalen Bühne zu stärken
- Drei Beispiele zeigen, wie Macron vorwärtsprescht, während Merkel zögert
Emmanuel Macron sei der Duracellhase der Diplomatie, schreibt das britische Wochenzeitschrift “The Economist” in der aktuellen Ausgabe.
Wie die berühmte Werbefigur schlägt der französische Präsident auf der internationalen Bühne die Trommel für sein Land. Unermüdlich.
Allein seit Beginn des Monats reiste Macron nach Algerien und Katar, empfing den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, hielt einen Gipfel zum Klimaschutz in Paris ab – und traf die Staatschefs der EU zum Treffen in Brüssel am Freitag.
Ein Partner des Franzosen scheint da das Nachsehen zu haben: Deutschland und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Merkel, die Getriebene
“Die Kanzlerin, so der Eindruck, wird immer mehr zur Getriebenen des jung-dynamischen Präsidenten”, kommentiert der “Spiegel” das Verhältnis der beiden Staatschefs.
Denn während Merkel in Berlin immer noch um die Bildung einer stabilen Regierung ringt, kann Macron sein Land auf der internationalen Bühne neu positionieren – mit einer starken parlamentarischen Mehrheit im Rücken.
“Man kann schon jetzt sagen, dass Macron sehr selbstbewusste internationale Politik machen will und macht”, sagte Frank Baasner kürzlich der HuffPost. Er ist Direktor des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg.
Der junge Präsident stehe in der Tradition des französischen Generals und Präsidenten Charles de Gaulle. Wie der große Staatsmann wolle Macron Frankreich “ganz gezielt als internationale Macht” positionieren.
Drei Beispiele verdeutlichen Macrons Ehrgeiz
Drei Beispiele der vergangenen Monate zeigen, wie Macron die Stellung Frankreichs in Europa und der Welt ausbaut – während Merkel gezwungenermaßen abwarten muss:
► Vorreiter der EU-Reform
Mit seiner ambitionierten Rede an der Pariser Universität Sorbonne hat der französische Staatschef seine Vision für das Europa der Zukunft vorgelegt. Dazu gehörten unter anderem die Idee eines EU-Finanzministers.
Vergangene Woche zog die EU-Kommission mit einem eigenen Reformplan nach. Die Pläne unterscheiden sich zwar teilweise erheblich von Macrons Vision. So fehlt etwa ein eigenes Budget für die Euro-Zone in den Vorschlägen der EU-Kommission.
Dennoch verkörpere der Plan der Kommission eher die ambitionierten Vorschläge von Macron als die konventionelleren Ideen der CDU und CSU, sagt etwa der Wirtschaftswissenschaftler Andrew Watt.
Auch das Brüsseler Magazin “Politico” befand, dass Frankreich unter Macron derzeit am meisten Gewicht am Verhandlungstisch in Brüssel habe – und die Agenda für die EU bestimmen kann.
Noch kann Merkel keine Antwort geben. Macron sagte am Freitag in Brüssel, er hoffe, ab März an einer gemeinsamen Roadmap zur Reform der Eurozone arbeiten zu können.
► Mogelpackung oder großer Wurf? Politiker und Experten streiten über die Euro-Reformpläne
► Der Einpeitscher
Schon eine kleinen Szene des EU-Gipfels in Brüssel zeige, wie Macron seiner deutschen Kollegin derzeit den Rang abläuft, berichtet der “Spiegel”.
Der Franzose sei mal wieder vor der Kanzlerin da gewesen – und habe bereits Fragen deutscher Journalisten beantwortet. Merkel habe versucht, Macron zu verdrängen.
“Es dauert eine Weile, bis Macron die Kanzlerin bemerkt, notgedrungen gibt er ihr zwei Küsschen und umarmt sie”, heißt es im “Spiegel”. Dann habe Macron auf die Kameras gedeutet und gesagt: “I did it.”
“Hab ich alles erledigt für dich”, sei laut dem “Spiegel” die Botschaft für Merkel gewesen.
► Der Trump-Versteher
Macrons wichtigste Rolle aber sei, kommentiert der “Economist”, der einzige Staatschef in Westeuropa zu sein, der eine harmonische Beziehung zu US-Präsident Donald Trump unterhält.
Zwar bezogen die beiden Präsidenten in der Vergangenheit immer wieder bei manchen Themen unterschiedliche Positionen. Etwa beim Klimawandel oder auch der Entscheidung der USA, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen.
Dennoch würden sich Macron und Trump auf einer persönlichen Ebene verstehen, berichtet der “Economist”. “Sie verbindet die Erfahrung, als politische Außenseiter ein hohes Amt gestürmt zu haben.”
Das könnte für Macron hilfreich sein, um seinen Einfluss international zu stärken.
“Frankreich ist dabei, ein Vakuum zu füllen”, sagt daher Politikberater François Heisbourg zum “Economist”.
► Dieses “Economist”-Cover zeigt, wie sich die Zeiten für Merkel geändert haben
You Might Like