Das muss eine Polizistin ertragen, damit sie ihre männlichen Kollegen akzeptieren
- Sibylle Klein* arbeitet seit einigen Jahren in einer Hundertschaft bei der Polizei
- Wir haben mit ihr darüber gesprochen, welche Rolle es in dem Beruf spielt, eine Frau zu sein
Warum bist du Polizistin geworden?
“Als Jugendliche hatte ich Freunde, die oft Mist gebaut haben. Ich war immer diejenige, die wieder für Ordnung gesorgt hat. Schon damals haben sie zu mir gesagt: “‘Du bist so brav, du gehst zur Polizei.’”
Was hast du vor deiner Ausbildung erwartet?
“Ich hatte Angst davor, weil ich dachte, du musst klug sein, sportlich sein, die verlangen total viel von dir. Aber ich habe es dann einfach versucht. Und es hat geklappt.”
Der Beruf Polizist ist noch immer von Männern dominiert. Welche Rolle spielt es für dich, eine Frau zu sein?
► “Natürlich gibt es viel weniger Frauen als Männer. In meiner Ausbildungsklasse gab es 50 Anwärter, nur acht davon waren Frauen. Da ist mir diese Ungleichheit zum ersten Mal bewusst aufgefallen.”
“Ich habe angefangen, zu schummeln”
Und wann noch?
“Nach meiner Ausbildung bin ich in einer Hundertschaft gelandet. Sportlichkeit steht da an oberster Stelle. Und es gibt immer wieder Männer, die erwarten, dass wir dasselbe leisten und erreichen im Kraftsport. Sie reiten darauf rum, dass wir nicht so stark sind. Irgendwann musste ich mir eingestehen, dass ich den Anforderungen einfach nicht gerecht werden kann.
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► Also habe ich angefangen, bei den Kraftübungen zu schummeln. Anders ging es einfach nicht. Das tut weh, weil ich eigentlich den Ehrgeiz hatte, es zu schaffen. Ich wollte nicht als weiblicher Schwächling dastehen.”
Und wie ist es beim Einsatz?
“Immer wieder stößt man auf Kollegen, die finden, Frauen hätten nichts in diesem Beruf zu suchen. Und wenn, dann gehörten sie allenfalls hinters Steuer. Das sind wenige, aber es gibt sie. Die meisten haben aber inzwischen erkannt, dass Frauen vor allem für die Kommunikation wichtig sind. Es ist selbstverständlicher geworden, dass es Frauen bei der Polizei gibt.
Aber wenn schon vor einem Einsatz klar ist, dass es brenzlig wird, werden wir Frauen extra als Kraftfahrer eingeplant.”
“Es fühlt sich unfair an”
Das ist doch aber ganz schön diskriminierend, oder?
“Nein, aber es macht mich dann immer etwas traurig, weil es sich irgendwie unfair anfühlt. Gleichzeitig habe ich gelernt, mein Ego beiseite zu stellen. Denn umso kleiner und zierlicher du bist, desto mehr Beschützerinstinkt löst du bei deinen männlichen Kollegen aus. Das ist einfach so, das kann keiner ändern und das finde ich auch in Ordnung.
Gleichzeitig kannst du als Frau so stark sein, wie du willst. Trotzdem denkt jeder erstmal, dass du das schwächste Glied in der Polizeikette bist – und damit erstes Angriffsziel.”
Und wie ist der Umgang mit deinen männlichen Kollegen außerhalb der Einsätze?
► “Was neben der Arbeit abgeht, ist schon krass. Dann wird viel über Frauen geredet. Wenn so viele Männer auf einem Haufen sind, gibt es sexistisches Gerede natürlich ohne Ende. Und Männer reden einfach unfassbar viel über Autos und Kraftsport, da kannst du einfach nicht mitreden.
“Ich wurde zum Kumpeltyp”
Als Frau musste ich damit irgendwann klar kommen, sonst wird es sehr anstrengend. Ich habe es einfach akzeptiert. Ich hab mich auch schon erwischt, dass ich irgendwann einfach angefangen habe mitzureden.”
Das heißt, du hast dich verändert, damit dich deine männlichen Kollegen akzeptieren?
“Klar ist: Ich musste mich anpassen. Mit der Zeit wurde ich zum Kumpeltyp. Anders geht es nicht. Frauen denken manchmal kompliziert, denken sich Dinge hintenrum und sind nicht so direkt. Wenn du dich daran anpasst, dass Männer einfach alles direkt sagen, wird es viel entspannter. Männer sagen einmal ihre Meinung und dann ist die Sache erledigt. Ich habe dann angefangen, mir auch weniger Gedanken über Dinge zu machen.”
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Richtet sich das sexistische Gerede nur an andere Frauen oder auch an euch Kolleginnen?
“Über uns wird an sich selten schlecht geredet, aber man kriegt mal den ein oder anderen Spruch gedrückt. Aber naja, die sagen ja nichts Schlimmes. Für die ist das eben Jux und Tollerei. Das Niveau ist halt einfach relativ niedrig. Von Vorteil ist es auch, wenn du gut aussiehst als Frau.”
Das heißt, die Polizistinnen, die als attraktiv empfunden werden, haben es leichter?
“Ganz so ist es nicht. Du musst schon was drauf haben, auch polizeilich, damit sie dich akzeptieren. Aber wenn du dann noch gut aussiehst, freuen sie sich natürlich.”
(*Name geändert. Der richtige Name ist der Redaktion bekannt)
(best)
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