Mein Mann und ich haben fünf Monate lang versucht, ein Kind zu bekommen. Verglichen mit anderen Paaren, die jahrelang erfolglos versuchen, schwanger zu werden, ist das natürlich so gut wie gar nichts.
Und dennoch befanden wir uns in dieser Zeit in einer wilden Achterbahn der Gefühle. Im ersten Zyklus machte ich 14 Schwangerschaftstests, bevor ich akzeptieren konnte, dass das Ergebnis wirklich negativ war.
Im fünften Zyklus war ich bereits so verzweifelt und hoffnungslos, dass ich beschloss, vorerst einmal nicht mehr aktiv zu versuchen, schwanger zu werden. Und natürlich war das dann genau der Zyklus, in dem ich schwanger wurde.
Mein Mann und ich waren vollkommen außer uns vor Glück. Doch in der dritten Schwangerschaftswoche setzte plötzlich meine Morgenübelkeit ein. Ich hatte mich schon darauf eingestellt, da ich wusste, dass meine Mutter ebenfalls schrecklich unter dieser Übelkeit gelitten hatte, als sie mit mir schwanger war.
Der Zustand verschlimmerte sich von Tag zu Tag
Doch da ich gelesen hatte, dass Übelkeit ein Zeichen für eine gesunde Schwangerschaft ist, versuchte ich sogar, mich darüber zu freuen. Es ging mir jedoch sehr schnell immer schlechter und bald darauf konnte ich das Bett überhaupt nicht mehr verlassen.
Ich konnte nichts mehr essen außer Ingwerkeksen, Reiswaffeln und ab und zu mal einer kleinen Hand voll Ofen-Chips. In den schlimmsten Zeiten konnte ich nicht einmal mehr Wasser trinken.
Ich rief meinen Hausarzt an. Ich hatte Angst vor dem Gespräch, weil ich gelesen hatte, dass andere Frauen in meiner Lage von älteren, männlichen Ärzten oft nicht ernst genommen worden waren, weil die Ärzte nicht nachempfinden konnten, wie sehr die Frauen litten.
Wenn ich eine Fehlgeburt hätte, wäre endlich alles vorbei
Ich erzählte meinem Arzt, dass es mir am Vorabend so schlecht gegangen war, dass mir der Gedanke in den Kopf geschossen war, dass es wenigstens endlich vorbei wäre, wenn ich jetzt eine Fehlgeburt hätte.
Mein Arzt war jedoch ein Schatz und er bot mir sofort an, mir ein Medikament gegen meine Übelkeit zu verschreiben. Ich war so erleichtert, dass ich noch am Telefon in Tränen ausbrach. Doch das Medikament wirkte nicht. Ebenso wie die beiden anderen Medikamente, die ich danach ausprobierte.
Mein Gesundheitszustand verschlechterte sich zunehmend. Und auch psychisch ging es mir immer schlechter. Ich leide unter einer Progesteron-Unverträglichkeit.
Das hatte ich bereits vor ein paar Jahren herausgefunden, als ich verschiedene hormonelle Verhütungsmethoden nicht vertragen hatte. Ich war von einem Arzt zum nächsten gelaufen und hatte sogar eine Bauchspiegelung machen lassen, um auszuschließen, dass ich an Endometriose litt.
Doch irgendwann zählte eine Frauenärztin eins und eins zusammen und fand heraus, dass meine starken Perioden und meine schrecklichen Stimmungsschwankungen mit dem Progesteron in meiner Pille zusammenhingen.
“Ich wollte sterben”
Leider vergaß sie dabei zu erwähnen, dass ich auch in der Schwangerschaft wieder Probleme bekommen könnte, da in dieser Zeit der Progesteronspiegel ansteigt.
Ich verlor jeglichen Lebensmut. Ich hatte zwar nicht vor, mich umzubringen, doch ich wollte sterben. Alles war so hoffnungslos und es ging mir so schlecht wie noch nie zuvor in meinem Leben.
Ich brach komplett zusammen und rief die Auskunft des Nationalen Gesundheitsdienstes an. Ich flehte sie an, mir zu helfen. Sie schickten mich in die Notaufnahme eines Krankenhauses.
Es war das erste Mal in dieser Woche, dass ich mein Bett verließ. Die Notaufnahme war komplett überfüllt. Wir mussten fünf Stunden lang warten, um am Ende von einem Assistenzarzt zu erfahren, dass es möglicherweise am besten für mich wäre, die Schwangerschaft abzubrechen.
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Als ich wieder zuhause war, besuchte ich die Website der britischen Wohltätigkeitsorganisation “Pregnancy Sickness Support”, die Frauen unterstützt, die unter Hyperemesis gravidarum (unstillbares Schwangerschaftserbrechen) leiden.
Diese Organisation ist eine tolle Einrichtung. Ein Mitarbeiter schlug uns zwei weitere Behandlungsmöglichkeiten vor, die wir noch nicht ausprobiert hatten.
Mit diesem neuen Wissen ausgestattet schworen wir uns, jede einzelne Möglichkeit zu versuchen, bevor wir uns für eine Abtreibung entschließen würden. Mein großartiger Hausarzt war ebenfalls informiert.
Er stellte mir umgehend ein Rezept für ein weiteres Medikament aus, das normalerweise verwendet wird, um die Übelkeit von Chemotherapie-Patienten in den Griff zu bekommen. Doch auch dieses Medikament wirkte nicht.
Der Rat des Arztes: therapeutische Abtreibung
Ich hatte innerhalb von zwei Wochen vier Kilogramm verloren und ich war komplett dehydriert. Mein Hausarzt bestand darauf, mich ins Krankenhaus einliefern zu lassen.
Dort verabreichte man mir Flüssigkeitsinfusionen und Medikamente. Die Infusionen halfen gegen meine Dehydrierung und allmählich war mir auch nicht mehr so schwindlig.
Die Medikamente sorgten dafür, dass ich mich nicht mehr übergeben musste, doch sie konnten nichts gegen meine permanente Übelkeit ausrichten. Ich hatte dauernd das Gefühl, mich jeden Moment übergeben zu müssen.
Mir war heiß und ich fröstelte. Außerdem konnte ich nichts essen. Schließlich rieten mir die Ärzte erneut zu einer therapeutischen Abtreibung und ich vereinbarte einen Termin.
Ich fuhr in eine Marie-Stopes-Abtreibungsklinik. Die Klinik lag nur ein paar Häuser weit von einem Friedhof entfernt. Ein ziemlich makaberer Ort. Die Krankenschwester war extrem verständnisvoll und versuchte, den ganzen Prozess so kurz wie möglich zu machen.
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Ich musste fünf große Pillen schlucken, die ich jeweils nur mit einem großen Schluck Wasser herunterspülen konnte.
Es fiel mir schwer, die Tabletten einzunehmen, und deshalb entschied ich mich, eine der Schmerztabletten wegzulassen, weil ich Angst hatte, dass ansonsten die anderen Medikamente wieder hochkommen könnten.
Wenn ich mich innerhalb einer Stunde nach Einnahme der Tabletten übergeben musste, könnte die Abtreibung möglicherweise fehlschlagen. Und dieses Risiko wollte ich nicht eingehen. Die Autofahrt nach Hause war schrecklich.
Ich musste 50 Minuten lang verzweifelt versuchen, mich nicht zu übergeben. Und dabei wird mir ja sogar schon beim Autofahren schlecht, wenn ich nicht krank bin. Ich kaute zwanghaft auf einer Gurkenschale herum, da das Innere der Gurke für meinen Ekel vor Essen einen viel zu “starken” Geschmack hatte.
Ich betete, dass ich nicht gleich wieder über dem Abfalleimer im Badezimmer hängen würde, wie ich es in den vergangenen Wochen permanent getan hatte.
Ich schaffte es. Als ich zuhause ankam, begann die erste Abtreibungspille, ein Progesteronblocker, bereits zu wirken. Ich begann, mich allmählich ein wenig besser zu fühlen. Mein Mann und ich legten uns ins Bett.
Ich trug eine Inkontinenzeinlage und wir schauten uns zur Ablenkung lustige Videos an. Schließlich setzten die Krämpfe ein. Ich nahm immer wieder Schmerzmittel zu mir, abwechselnd Co-Codamol und Ibuprofen.
Ich hatte ein Kind verloren – und fühlte mich großartig
Die Krämpfe wurden immer stärker. Mein Mann blieb eine Weile bei mir, doch als es mir nach und nach immer schlechter ging, bat ich ihn, den Raum zu verlassen. Irgendwann kam er ins Badezimmer, um zu sehen, wie es mir ging.
Doch was er dort sah, machte ihn zum ersten Mal in seinem Leben sprachlos. Ich behalte die blutigen Details lieber für mich. Ich kann nur sagen, dass die Abtreibung nun definitiv in vollem Gange war.
Als ich das Badezimmer endlich wieder verlassen konnte, fühlte ich mich großartig. Es war total bizarr. Ich hatte ein Kind verloren, das ich mir so sehr gewünscht hatte und das ich geplant hatte.
Und man hatte mir gesagt, dass ich höchstwahrscheinlich niemals eine normale Schwangerschaft würde haben können. Doch anstatt zu trauern, war mir eher nach feiern zumute. Mein Leiden hatte endlich ein Ende.
Ich bin mir sicher, dass meine Gefühle mich eines Tages noch einmal sehr heftig einholen werden. Doch im Moment bin ich einfach nur froh, dass ich wieder ich selbst sein kann. Mein Mann bekommt jetzt vielleicht kein Kind, doch er hat endlich seine Frau wieder.
Dieser Blog erschien ursprünglich bei der HuffPost UK und wurde von Susanne Raupach aus dem Englischen übersetzt.